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Kältetherapie – Eiskalte Temperaturen gegen Beschwerden

Kältetherapie – Eiskalte Temperaturen gegen Beschwerden

Manche Beschwerden muss man wärmen, andere muss man kühlen. Letzteren nimmt sich die Kältetherapie – auch Kyrotherapie genannt – an. Physiotherapeuten nutzen niedrige Temperaturen, um diverse körperliche Beschwerden zu behandeln, vor allem im Bereich Traumata und Rheuma. Unser 11880.com-Physio-Ratgeber sagt Ihnen, wann Ihnen die Kältetherapie helfen kann, wie das Verfahren wirkt und wie es durchgeführt wird. 

Was ist Kältetherapie?

kaeltetherapie
© Jacob Ammentorp Lund - istockphotos.com

Der Fachausdruck für Kältetherapie, Kyrotherapie, stammt aus dem Griechischen. Kyro bedeutet Kälte und dies ist wiederum gleichbedeutend mit verschiedenen therapeutischen Wirkungen und Effekten im Körper. Im Mittelpunkt steht vor allem der Wärmeentzug des betroffenen Gewebes, der darauf folgenden Gefäßverengung und somit der Verringerung der Muskelspannung, bzw. Schmerzlinderung.

Wie wird Kältetherapie durchgeführt?

Der Physiotherapeut kann durch unterschiedliche Anwendungen verschiedene Effekte erzielen. Dabei kommt es vor allem auf die zeitliche Anwendung der Kältetherapie an, wobei zwischen Kurzzeit- und Langzeitanwendung unterschieden wird:

Kurzzeit-Kältetherapie:

Binnen einer Behandlungsdauer von ca. 10 - 15 Minuten wird die Durchblutung oberer und tieferer Muskelschichten zunächst vermindert. Nachdem die Kältequelle entfernt wurde, wird das Gewebe kurzzeitig und wellenartig verstärkt durchblutet.

Langzeit-Kältetherapie:

Hier wird die Durchblutung erheblich verringert, der Stoffwechsel wird gedämpft und enzymatische Prozesse werden eingeschränkt. Insbesondere bei entzündlichen Erkrankungen ist die Wirkung der Kühlung besonders stark, da der Stoffwechsel normalerweise erhöht ist und durch die Langzeit-Kältetherapie eine Dämpfung des Stoffwechsels stattfindet. Weitere Effekte sind eine vollkommene Schmerzunempfindlichkeit der Haut bei einer Temperatur von 15 °C sowie die Herabsetzung der Nervenaktivität. Ödeme und Blutungen werden gehemmt, wobei gleichzeitig Blutdruck und Herzfrequenz erhöht werden.

Ganzkörper-Kältetherapie in der Kältekammer:

Manche Einrichtungen verfügen über eine Kältekammer, in der Temperaturen von -10 °C oder bis zu -110 °C herrschen. Der Aufenthalt in einer solchen Kältekammer – und sei er auch nur 30 Sekunden bis 3 Minuten kurz – kann Entzündungen dämmen, Muskelverkrampfungen lösen und das Immunsystem stärken. Bei dieser Kältetherapie betreten die Patienten eine Kältekammer in Badekleidung, jedoch ausgestattet mit Schutzkleidung, welche Gesicht, Kopf, Hände und Füße vor der Kälte schützt.

Besonderheiten der Kältekammer

Während einige andere Methoden der Kältetherapie eher lokal oder punktuell durchgeführt werden, betrifft die Kältekammer den gesamten Körper. Sie bewirkt Körperreaktionen wie auch die anderen Verfahren und hilft besonders bei chronischen Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen, weichteilrheumatischen Beschwerden, aber ebenso bei Autoimmunerkrankungen, Migräne, Schlafstörungen oder Neurodermitis. Die im Allgemeinen gut verträgliche Therapieform ist jedoch für gewisse Patientengruppen nicht zu empfehlen, zum Beispiel für Träger eines Herzschrittmachers, Menschen mit Durchblutungsstörungen oder akuten Infektionserkrankungen.

Wie wird die Kältetherapie durchgeführt?

Eiskompressen
© sarmoho - istockphotos.com

Neben der Ganzkörpertherapie in der Kältekammer gibt es eine ganze Reihe weiterer Anwendungsmöglichkeiten der Kältetherapie. Einige davon, wie etwa Eis im Eisbeutel, können innerhalb der Physiotherapie auch zuhause verwendet werden. Wie viel Grad die Anwendungen haben, hängt ganz individuell von den Methoden und den gewünschten Effekt ab. Einige Anwendungen sind u.a.:

  • Eispackungen
  • Tiefkühl-Wickel
  • Eiskompressen
  • Eisbeutel
  • Kaltwasserbad
  • Eisbad
  • Kältekammer

Der Physiotherapeut hat innerhalb der Kältetherapie also eine ganze Palette von Anwendungs- und Therapiemöglichkeiten. Sie unterscheiden sich in der Temperatur – wobei die Kältekammer die niedrigste Temperatur erreicht –, in der Anwendungsdauer und im Anwendungsort. Während manche Beschwerden also lokal und punktuell behandelt werden, sind für andere Ganzkörperbehandlungen empfehlenswerter. Auch eine Kombination mit anderen Therapieformen ist möglich, wie etwa der Wärmetherapie oder Hydrotherapie, die mit kalten und/oder warmen Wasser therapiert.

Von einer eigenständigen langwierigen Kältetherapie ohne vorherige Anleitung ist abzuraten, denn bei falscher Anwendung können Erkrankungen verschlimmert und der Schmerz verstärkt werden. Zudem tritt bei allen Anwendungen zunächst ein stechender bzw. brennender Kälteschmerz ein, der in einer Schmerzunempfindlichkeit mündet, bevor es zu einem erneuten Schmerzempfinden kommen kann. Bei Unerfahrenheit kann dies Verwirrung stiften, weshalb es zu Anwendungsfehlern kommen kann.

Wie wirkt Kältetherapie?

Grundsätzlich sind niedrige Temperaturen für den Menschen nicht angenehm, sie bewirken jedoch im Körper Prozesse, die sich der Physiotherapeut zur Behandlung Ihrer Beschwerden zunutze machen kann:

  • Verbesserte Verflüssigung der „Gelenkschmiere“
  • Gefäßverengung
  • Verringerung der Muskelkontraktilität
  • Herabsetzung des Stoffwechsels
  • Geringere Nervenleitgeschwindigkeit
  • Verringerte Durchlässigkeit in den kleinen Blutgefäßen
  • Schwächung von Entzündungsprozessen

Was macht Kälte im Körper?

Je nach Behandlungsdauer stellen sich bei der Kältetherapie verschiedene dieser Wirkungen im Körper ein. Bereits nach wenigen Minuten können Schmerzen gelindert werden und kurze Kälteimpulse aktivieren die Muskelaktivität. Nach gut 10 Minuten werden Entzündungen gehemmt. Insgesamt verringert Kälte die Nervenleitgeschwindigkeit für Schmerzen und Muskelverspannungen- und Verkrampfungen lösen sich. Durch einen verringerten Lymphabfluss und eine verminderte Durchblutung werden Ödeme schneller beseitigt, weshalb auch Profifußballer und Kampfsportler auf diese Behandlungsmethode zurückgreifen.

Wann Kältetherapie?

Diese Effekte, die die Kältetherapie im menschlichen Körper erzeugen kann, helfen Ihnen vor allem bei folgenden Beschwerden:

  • Lähmung
  • Verbrennungen
  • Hämatome
  • Schwellungen
  • Arthritis
  • Arthrose
  • Rheuma
  • Gicht
  • Prellungen
  • Verstauchungen
  • Sehnenscheidenentzündungen
  • Schleimbeutelentzündung
  • Muskelverspannungen der lumbalen Wirbelsäule

Neben diesen üblichen Anwendungen, gibt es noch weitere spezielle Einsatzgebiete, wie etwa die Kryochirurgie. Hierbei werden unerwünschte Hautveränderungen (z. B. weißer Hautkrebs, Feigwarzen usw.) gezielt mit flüssigem Stickstoff auf minus 195 Grad gebracht, wodurch das betroffene Gewebe abstirbt und somit entfernt wird. Die Behandlung erfolgt im Normalfall blutungsfrei und die Narbenbildung fällt mit dieser Methode besonders geringfügig aus. Allerdings kann es zu einer Blasenbildung und in seltenen Fällen auch zur Infektion der Stelle kommen. Außerdem verändert sich nach solch einer Behandlung die Hautfarbe der Hautstelle in der Regel dauerhaft. Das Abtöten mit Kälte funktioniert auch im Inneren des Körpers mittels einer Kyrosonde, wie etwa zur Zerstörung bestimmter Tumore.

Wann ist von einer Kältetherapie abzuraten?

Die Kryotherapie hilft zwar bei vielen körperlichen Problemen, doch nicht für jeden ist sie gleichsam empfehlenswert. Bei offenen Wunden, Sensibilitätsstörungen (Wahrnehmung der Temperatur), Durchblutungsstörungen bzw. Stellen mit verminderter Durchblutung und bei starker Kälteempfindlichkeit, z. B. aufgrund einer Schilddrüsenunterfunktion, ist von der Kältetherapie abzuraten. Auch bei Harnwegbeschwerden, Herz-Kreislauf-Störungen und einem Verdacht auf Krebs sollten Sie vorher mit Ihrem Arzt bzw. Physiotherapeut die Durchführbarkeit der Kältetherapie erfragen.

Kältetherapie in der Sportmedizin

Verletzungen beim Sport passieren schnell und können ohne richtige Behandlung u.U. zu chronischen Schmerzen führen. Ob akute Schwellung, verkrampfte Muskulatur oder chronische Überlastung der Gelenke, die Kältetherapie kann erste Linderung verschaffen und zur Heilung der Erkrankungen beitragen. Häufig wird das sogenannte PECH-Schema angewandt, das für Pause, Eis, Compression und Hochlagern steht und bei Muskel- und Gelenkverletzungen eine Sofortmaßnahme darstellt. Die Kühlung wird hierbei mithilfe von Eis, Eiswasser oder einem Kühlspray bewirkt. Weitere positive Effekte, wie eine gesteigerte Ausdauerleistung, ein hoher Kalorienverbrauch und das Vorbeugen von Muskelkater, kann insbesondere mit der Ganzkörperkältetherapie erreicht werden.



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